Klaus Nieding: „Mehr als die Hälfte des Kapitals könnte spurlos verschwunden sein.“
Frankfurt, 30. März 2020 – Die Geschäftsidee der Envion AG klang ebenso einfach
wie zeitgemäß und spektakulär: Mit sogenannten „Mobile Mining Units“ sollte das
aufgrund der notwendigen hohen Rechnerleistung energieintensive „Mining“ nach
Kryptowährungen deutlich verbilligt werden. Die mobilen Container würden dann
einfach dort aufgestellt, wo überschüssiger, preiswerter Ökostrom verfügbar ist, der
dann zum Mining verwendet werden sollte. Die Finanzierung wurde im Wege eines
Initial Coin Offerings (ICO) durchgeführt, also der Emittierung von „Krypto-Token“,
die quasi als „Anteilsscheine“ fungieren. Insgesamt sammelte Envion so rund 100
Millionen US-Dollar vor allem von Privatanlegern ein, denen eine jährliche Rendite
von 161 Prozent in Aussicht gestellt wurde. „Mittlerweile ist klar, dass die schöne
Fassade des Unternehmens wohl eher in ein potemkinsches Dorf gepasst hätte“, sagt
Klaus Nieding, Vorstand der Rechtsanwalts-AG Nieding+Barth.
Nachdem es bereits zum Start Probleme mit der schweizerische Finanzaufsicht
FINMA gegeben haben soll, kam es im Weiteren zum Streit zwischen den Verantwortlichen. Die Unternehmensgründer warfen sich gegenseitig Betrug vor. „Für betroffene Anleger wurde das besonders beunruhigend als der Vorwurf laut wurde,
dass es sich bei der Envion nur um eine rechtliche Hülle gehandelt habe und das Geld
eigentlich für ein anderes Unternehmen der Gründer bestimmt war. Sollte sich dies
bewahrheiten, wäre der im Rahmen des ICO veröffentlichte Prospekt eventuell falsch
und irreführend“, ergänzt Niedings Kollege Rechtsanwalt Andreas M. Lang.
Als die FINMA im Juli 2018 schließlich die Reißleine zog und die Gesellschaft unter die
Kontrolle eines Untersuchungsbeauftragten stellte, spitzte sich die Lage für die Anleger weiter zu. So ergab die Untersuchung der FINMA, dass es wohl weder einen Geschäftsbetrieb, noch Umsätze bei Envion gegeben hat. Im November 2018 verfügte
die FINMA schließlich die Auflösung und Liquidation der Envion.
Laut Medienberichten sollen die Liquidatoren bislang etwa 48 Millionen Schweizer
Franken sichergestellt haben. „Das würde bedeuten, dass mehr als die Hälfte des Kapitals spurlos verschwunden ist“, sagt Nieding. Vor diesem Hintergrund hat auch die
Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen wegen des Verdachtes der Cyber-Kriminalität
aufgenommen. Inzwischen ist eine Vielzahl von Unregelmäßigkeiten bei der Envion
AG ans Licht gekommen, die nahelegen, dass die Verantwortlichen maßgebliche Informationen vor der Öffentlichkeit verheimlicht haben.
Den Schaden haben jetzt die etwa betroffenen 37 000 Anleger. „Wer zumindest einen Teil des Verlusts wieder ausgleichen will, sollte sich schnellstmöglich Rechtsrat
bei einem Rechtanwalt suchen“, empfiehlt Lang.